Die Hand muss ruhig sein, aber irgendwie auch nicht. Und wozu ist nochmal das Daumendach gut?

„Warum machst du das eigentlich?“ Die Frau, meine sogenannte Besitzerin, steht hinter der Bande und beobachtet Frau Reitlehrerin, die ihren Dieter reitet. Dieter geht lockeren, raumgreifenden Schritt und Frau Reitlehrerins Hände folgen weich der Nickbewegung seines Kopfes und Halses. „Das Gewackel mit den Händen meine ich. Die anderen machen das nicht.“ Die Frau zeigt auf die anderen Reiter, alles amtliche Dressur- und Springcracks und die, die sich dafür halten. Wobei deren Pferde allerdings im Schritt keine Nickbewegung zeigen. Beziehungsweise das nicht können, weil der Zügel das blockiert. „Die Hand soll doch eigentlich ruhig sein, hab ich mal gehört.“ „Die Hand muss ruhig sein, aber irgendwie auch nicht. Und wozu ist nochmal das Daumendach gut?“ weiterlesen

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Das Bein ist immer noch nicht lang und locker

Napoleon zu Pferd. Er zieht Knie und Absätze hoch.

„Das Bein ist lang und locker“, so fängt bei uns fast jede Reitstunde an, und zwar aus Gründen. Weil nämlich die Frau, meine sogenannte Besitzerin, sobald sie im Sattel angekommen ist, als erstes die Sitzposition querschnittsgelähmter Frosch einnimmt und nach Möglichkeit auch beibehält, denn sie ist natürlich weder entspannt noch sonstwie locker. „Das Bein ist lang und locker“ wiederholt Frau Reitlehrerin dann auch gebetsmühlenartig so lange, bis sich das Frauchen endlich entspannt und loslässt.

Manchmal geht das recht schnell, aber heute zum Beispiel dauert es ewig. Weil die sogenannte Besitzerin die von Frau Reitlehrerin verordneten Turnübungen natürlich nicht gemacht hat, denn das sieht erstens uncool aus, macht zweitens keinen Spaß und drittens hat sie schon wieder vergessen, wie die gehen. „Das Bein ist immer noch nicht lang und locker“ weiterlesen

Nom nom nom

Ein Pferd frisst gierig eine Möhre

Wir machen jetzt Bodenarbeit, die sogenannte Besitzerin und ich. Weil ich mich möglicherweise bei unserem letzten Ausritt zu sehr um unser gemeinsames Überleben gekümmert habe und das ständige Wegspringen und Weglaufen an den Nerven der sogenannten Besitzerin gezerrt hat. Wie gesagt, möglicherweise. Da kann die Frau nicht gut mit umgehen, obwohl doch ich aufpasse und mögliche Gefahren sichte und nicht sie. Kann sie ja auch gar nicht, mit ihren Blindschleichenaugen und dem kleinen Gehirn. Verstehe ich absolut, weshalb ich mithelfe, wo es nur geht. Ist aber auch irgendwie nicht richtig. „Nom nom nom“ weiterlesen

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„Da muss er jetzt durch!“

„Da muss er jetzt durch!“, giftet die Frau, meine sogenannte Besitzerin, als die Osteo, die mich gerade behandelt, eine wirklich schmerzhafte Blockade aufspürt und ich sie spontan auffressen will. Sonst mache ich sowas nicht. Ihr kennt mich, für gewöhnlich bin ich ein kleiner Sonnenschein mit einem Herz aus Gold. Aber diese eine Stelle tut wirklich gemein weh, und ich möchte, dass das jeder weiß. Vor allem die Osteo. Also versuche ich nochmal, sie mit den Zähnen zu erwischen. „„Da muss er jetzt durch!““ weiterlesen

Das kann man doch alles noch essen!

„Bitte, bitte friss dein Mineralfutter“, bettelt die Frau, unsere sogenannte Besitzerin. Warum? Die leckeren Bestandteile habe ich aussortiert, den widerlichen Rest kann sie selber essen.

Oder es dem spanischen Mähnenwunder geben, der ist bei uns der Müllschlucker. Man braucht auch eigentlich nicht mehr fegen, weil der Lutschi, der mit vollem Namen Lucero heißt, die orale Phase nie überwunden hat und wahllos alles in sich hineinschaufelt, was er findet. „Das kann man doch alles noch essen!“ weiterlesen

Der freut sich so!

Im Vordergrund ein niedriges Hindernis, im Hintergrund ein Pferd

„Der Knutschbär mag das Freispringen so gern, total schön!“, schwärmt Frau Knutschbär den Reitprofis hinter der Bande vor. Zum Beweis schleppt sie mehrere Stangen, Sprungständer und ein Cavaletti in die Reithalle und verteilt die da. Dann holt sie Knutschbär aus der Box, der angesichts der Hindernisse große Augen macht und erstmal Hackengas gibt. „Der freut sich so!“ weiterlesen

„Na weil das zum feinen Reiten dazugehört?!“

Ein schwarzes Pferd mit langer Mähne

„Ich weiß gar nicht genau, wie man dem Pfridolin die Kandare anzieht, kannst du mal eben gucken?“

Und ich weiß gar nicht genau, wieso ich noch hier bin. Jetzt fällt es mir ein: Weil ich angebunden bin und den Strick nicht schnell genug aufgeknotet habe.

„Wieso möchtest du dem Pfridolin denn eine Kandare anziehen?“ Das ist Frau Reitlehrerins Stimme. Ein Glück, sie ist gerade noch rechtzeitig gekommen, um mich zu retten.

„Na weil das alle so machen und weil es einfach Zeit dafür ist!“ Die Frau, meine sogenannte Besitzerin, ist es leid. Sie will jetzt endlich Reitkunst treiben oder zumindest hohe Schule reiten und dafür braucht man nun mal eine Kandare. Das weiß doch schließlich jeder. „„Na weil das zum feinen Reiten dazugehört?!““ weiterlesen

Privatpatient

Als uns der Tierarzt vor langer, langer Zeit das erste Mal besucht hat, war es für die Frau, meine sogenannte Besitzerin, auch eine Premiere. Mein eines Bein tat weh und da war natürlich Holland in Not. Die Frau hat sich Erste-Hilfe-mäßig von unserer Frau Reitlehrerin beruhigen lassen und gleichzeitig mit dem Tierarzt ihres Vertrauens telefoniert. Also Frau Reitlehrerins Tierarzt, die sogenannte Besitzerin vertraut grundsätzlich keinem 😀 „Privatpatient“ weiterlesen

Die Gang

Zwei windzerzauste Pferde

Wir sind jetzt in einer Gang, der Lutschi und ich. Ja, sogar das spanische Mähnenwunder darf mitmachen. Weil man ja immer jemand für Erledigungen und doofe Aufgaben braucht. Das ist am besten jemand am unteren Ende der Nahrungskette, weil der nicht groß diskutiert und meistens auch gar nicht versteht, worum es eigentlich geht. So jemand wie unser spanisches Mähnenwunder also. Der Lutschi ist rangniedrig – unter ihm ist nur das Gras – und er braucht seine zwei Gehirnzellen bekanntlich nur fürs Mähnenwachstum. Und wenn der mächtige Herdenchef kommt und sagt, he du da – man kann sich ja nicht alle Namen merken – he du da, guck mal, ob auf dem Zaun Strom ist, dann macht er das. „Die Gang“ weiterlesen

Obdachlos

Pferde auf der Weide

Wir sind jetzt obdachlos, der Lutschi und ich und die anderen Wallache. Wer ihn nicht kennt: Der Lutschi ist unser spanisches Mähnenwunder, das beide Gehirnzellen fürs Mähnenwachstum benötigt. Nutzt ihm aber auch nix, weil er jetzt draußen schlafen muss. Wie die nackten Wilden aus dem Offenstall.

Das muss man sich mal vorstellen: Adieu, schöne Box! Adieu, kuscheliges Strohbett, wo einen keiner ärgern kann. Tschüs, Privatsphäre! Hallo große Wildnis mit unheimlichen E-Bikes und freilaufenden Hunden. Und hallo andere Pferde, die sofort zurückärgern und einen sogar jagen können, wenn man nicht spontan ihrer Meinung ist. „Obdachlos“ weiterlesen

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